Sunday 30 December 2012

INTERVIEW MIT MAURO DELL'AMBROGIO

Quelle: Hep Magazin, Im Dienste der Bildung, 2/2012 Seite 18
Ab 1. Januar 2013 leitet Maro Dell'Ambrogio das neue Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) im Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung. Damit ist der Tessiner Staatssekretär neu auch für die Berufsbildung zuständig. (Für Organigramm der SBFI bitte hier clicken.) Im hep magazin - Im Dienste der Bildung von Februar 2012 habe ich ein Interview mit Dell'Ambrogio (Seiten 19-21) gelesen worin er Einblick in seine bildungspolitischen Visionen, Ziele und Pläne gewährte.

Er betont, dass sein Bildungscredo heisst 'So wenig Bürokratie wie möglich'. Das finde ich persönlich eine tolle Sache. Oft geht es bei uns in der Schule um ganz viel Organisatorisches und man bekommt bisweilen das Gefühl, dass man gar keine Zeit hat für das Kerngeschäft, den Unterricht. Es ist seit eh und jeh ein leidiges Thema und ich würde es persönlich begrüssen, wenn wir wieder mehr Zeit für unseren Kerngeschäft hätten.

Des Weiteren redet Dell'Ambrogio von der Berufslehre und ihre Zukunft. Insbesondere wird hinterfragt, ob man nicht dafür sorgen müsste, dass die Berufsbildung auch zu international kompatiblen Zeugnisse führen müsste? Unsere Lernenden in der Berufsbildung sind top ausgebildet, aber wie können sie sich international behaupten? Die Frage ist nicht neu, aber gemäss Dell'Ambrogio muss man sich gut überlegen, ob es klug ist nur wegen der internationalen Anerkenneung die Seele der Schweizer Berufsbildung zu verkaufen. Persönlich denke ich, dass die Schweizer Berufsbildung sehr viele positiven Seiten hat und es ist wichtig, diese zu behalten. Gegenüber viele Modelle, die in Ausland herrschen (ex. England und Norwegen wo die Ausbildung vorwiegend in der Schule stattfindet durchmischt mit ein paar Praktikumblöcke oder ein paar Jahre Schulbildung gefolgt von ein oder zwei Jahren praktischen Arbeit im Betrieb (siehe hierzu: http://vimeo.com/45626316 und http://www.gewbw.d/berufsausbildung_in_norwegen.html) geniesst die Dualen (oder auch Trialen) Berufsbildung in der Schweiz klar einen besseren Ruf. Ich spreche da vorallem von der Selbständigkeit und von der Eigenverantwortung, die die Berufsschüler entwickeln, von der positiven Kompetenz- und Handlungsorientierung (siehe hierzu auch Kommentare anderswo auf dieser Seite). Auch kann man heute mit der Berufsmatura in der Schweiz eine hohe Ausbildungsgrad auch mit einer Berufslehre erreichen. Dies ist klar ein Vorteil, den man nicht aus dem Auge verlieren darf. 

Für mich wäre es dennoch wichtig die internationale Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Die Welt wird immerzu globaler und man muss dafür sorgen, dass ins Ausland ziehen einem nicht dazu veranlasst ausbildungsmässig von Null wieder anfangen zu müssen. So kann man z.B. im Fach Englisch auf der Berufsschule einen international anerkannten Cambridge Diplom ablegen. Wenn auch ein Wohnortwechsel in Frage kommt, ist dieses Diplom überall auf der ganzen Welt bekannt und somit vergleichbar. Im Fach Französisch machen die Schüler DELF oder DALF, wiederum ein international anerkanntes Diplom. Diese Internationalität müsste in den anderen Berufsschulfächer meiner Meinung nach auch angestrebt werden.

Letztendlich möchte ich darauf hinweisen, dass der Bund die Bildungs- und Arbeitsmarktfähigkeit der Jugendlichen verbessern will. Mindestens 95 Prozent sollen einen Abschluss auf Sekundarstufe II erwerben. Dell'Ambrogio will dies mit Massnahmen wie z.B. Unterstützung von Lernschwachen oder erwachsenen Quereinsteigern in der Berufsbildung machen. Die konkrete Durchführung überlässt er aber gerne den Betrieben und den Kantonen. Ich gebe zu bedenken, wie eine Gesellschaft wohl ausieht worin 95% der Bevölkerung ein Ausbildung - und somit auch ein Job - auf der Sekundarstufe II innehat? Macht schlussendlich JEDE in ihrer Sparte - sei es DetailhandelsangestellteR, Service-Personal oder Reinigungspersonal - eine Berufsmatura? Oder stellen wir Ausländer (- weil es müssen ja Leute sein, die nicht zu diesen 95% gehören...) für diesen Jobs an, damit wir selber die anspruchsvolleren Arbeiten auf der Sek II Stufe erledigen können??

Ich wünsche Dell'Ambrogio viel Erfolg in seinem neuen Job. 

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